PropTechs – Partner oder Konkurrenz? [Interview]

PropTechs stehen für moderne technologische Entwicklungen in der Immobilienbranche und sind schon länger in aller Munde. Wir haben Thomas Gawlitta, ehemaliger Gründer und Geschäftsführer von ImmobilienScout24-CommercialNetwork und PropTech Experte, gefragt wie sich die PropTech Branche und damit der Berufsstand des Maklers entwickeln wird.

Was ist ein PropTech?

„PropTech“ steht für „Property Technology“ und bedeutet so viel wie „Immobilien-Technologie“. Der Begriff bezeichnet digitale Technologien, die Geschäftsprozesse in der Immobilien- und Wohnungswirtschaft automatisieren und optimieren.

Hallo Herr Gawlitta, Wie sehen Sie die generelle Entwicklung am Immobilienmarkt? Welche Trends gibt es hier?

Es wird zukünftig ganz neue Nutzungsarten von Immobilien geben. So werden zum Beispiel in New York jetzt schon Gebäude tagsüber als Büros genutzt, die abends zu Wohnungen werden. Die Objekte sind so modular aufgebaut, dass man mit einem Knopfdruck zwischen den beiden Nutzungsmöglichkeiten wechseln kann. In Zeiten, in denen besonders in Großstädten Wohnungen fehlen, werden dadurch Immobilien viel besser ausgenutzt.

Auch ein großer Trend sind neue Wohnformen, wie das Wohnen auf Zeit oder auch Co-living. Immer mehr Leute ziehen in größere Städte, es gibt immer mehr Singles und da bietet sich Co-Living einfach an. Ich habe ein eigenes Zimmer, aber teile mir die Küche mit anderen. Gleichzeitig hab ich im Erdgeschoss einen Co-Working Space, in dem ich als Freelancer oder im Home-Office vernetzt arbeiten kann. Das ist ein ganz spannender Bereich auch für Makler, die sich in diesem Thema spezialisieren können.

Außerdem wird das Thema Mobilität immer größer werden. Früher hieß es immer Lage, Lage, Lage, also in den Innenstädten bauen. Durch Carsharing etc. weitet sich dies auf umliegende kleinere Städte aus. So haben die Menschen viel Platz zum Spazieren gehen, sind aber mit Carsharing und Nahverkehr gut angebunden und schnell in der Stadt. Durch diese Mobilität werden also neue Lagen entstehen.

Die Verbindung von Immobilien und Gesundheit ist gerade auch ein sehr wichtiger Bereich. Eine Immobilie wird zukünftig mit Sensoren analysieren, wie gesund der Bewohner ist und wird Empfehlungen dazu abgeben. Mithilfe von Smart Home steuert das Zuhause oder Büro ja jetzt schon Licht, Temperatur, Belüftung usw.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach der Berufsstand Makler entwickeln und welchen Einfluss darauf haben PropTechs?

Während immer mehr Prozesse automatisiert werden, müssen Makler zukünftig ganz neue Services anbieten. Wenn ein Makler eine Immobilie vermarkten will, ist es seine Aufgabe einen Mieter zu finden, dann bekommt er seine Provision. Doch eigentlich muss er schon viel früher ansetzen. Also jemand möchte zum Beispiel in eine andere Stadt ziehen, dann muss der Makler dem Käufer bzw. Mieter mehr als nur eine Immobilie anbieten. Er muss ein Feel Good Berater oder auch Coach werden – also noch vor der Vermarktung und auch über den Verkauf oder die Vermietung hinaus. Das können zum Beispiel Tipps zum passenden Stadtteil oder eine Beratung im Bereich Smart Home sein.

Außerdem wird ein Makler neue Wege gehen müssen mit den Interessenten zu kommunizieren. Denn die jüngere Zielgruppe wird immer digitaler und möchte anders betreut werden. Daher suchen diese Kunden sich natürlich auch Makler, die ihre Sprache sprechen. Sie wollen nicht mehr telefonieren, sondern per WhatApps kommunizieren. Die Makler, die sich also neu positionieren, können damit diese neue Zielgruppe ansprechen.

Ein Instrument was auch immer stärker kommt ist der Chatbot. Dieser sorgt dafür, dass der Interessent jederzeit Antworten auf seine Fragen erhält und den Makler erst direkt kontaktieren muss, wenn er ihn wirklich braucht. Das erspart natürlich beiden viel Zeit und der Makler positioniert sich als zukunftsweisender Experte.

Auf den Makler von morgen kommen also veränderte Aufgaben zu, was bedeutet, dass er sich neues Wissen aneignen muss. Zukunftsfähig ist nur wer sich anpasst. Da aber nicht alles automatisierbar ist, wird der persönliche Kontakt trotzdem bleiben.

Was macht in Ihren Augen ein gutes PropTech aus?

Für mich ist ein gutes PropTech eines das mehrere Geschäftsfelder bzw. Prozesse abdeckt. Ich sehe aktuell, dass es sehr viele Insellösungen gibt. Also z.B. besteht das Problem wie dokumentiere ich eine Baustelle und dafür wird dann eine App programmiert. Ein gutes PropTech aber löst gleich mehrere Probleme für Immobilienfirmen, die ja viele verschiedene Prozesse abdecken – wie Bauen, Vermarkten, Maintenance usw. Und aktuell gibt es leider wenige PropTechs die mehrere Prozessketten abdecken. Ein gutes PropTech, das eine ganzheitliche Lösung für Immobilienfirmen bieten möchte, muss also mehrere Prozesse abdecken oder dafür mit anderen PropTechs kooperieren.

Wo sehen Sie gerade den Themenschwerpunkt im Bereich PropTech? Welche Trends sollte man besonders beobachten?

Da gibt es gerade ganz klar drei Bereiche zu beobachten.

  1. Ein großer Trend sind definitiv Daten, Daten, Daten! Immer mehr PropTechs versuchen einen Standard zu definieren wie Immobilien überhaupt als Datensatz aufgezeichnet werden können. Da geht es um eine große Menge an Daten, wie z.B. wer ist der Eigentümer, wann wurde das Objekt verkauft, wann gebaut, wie groß ist es usw. Und dieser Datensatz muss so gestaltet sein, dass man ihn digital auslesen kann.
  1. Ein zweiter großer Bereich ist das Thema BIM Modelle, also Building Information Modeling.  Das bedeutet, dass schon vor dem Bau ein digitales Modell des Objektes erstellt wird. Dadurch hat man später beim Umbau, Verkauf oder ähnliches immer ein 3D Modell der Immobilie. Mithilfe dieses digitalen Zwillings kann man, wie auch in der Automobilbranche, Dinge testen, ohne das eigentliche Modell anzufassen. Aufträge von öffentlicher Hand werden zum Beispiel nur vergeben, wenn es ein digitales BIM Modell gibt.
  1. Der dritte große Trend ist das ökologische Bauen. Also schon vorab zu schauen welche Materialien benutze ich, ist es Beton, der sehr energieintensiv ist oder doch Holz, das gerade ein sehr gefragtes Material ist. Das Gesetz wird das in Zukunft auch vorgeben.

Wird Ihrer Meinung nach ein Makler langfristig nur am Markt bestehen, wenn er sich mit PropTechs beschäftigt? Und haben Sie Tipps wie man als Makler am besten in dieses Thema einsteigt?

Weiter geht es immer, aber irgendwann wird man verdrängt werden. Also ja Makler müssen sich damit auseinandersetzen und vor allem Technologien einfach mal auszutesten. Man muss einfach immer offen für dieses Thema bleiben. Gerade bei einer breiten Zielgruppe aus jungen Menschen, aus Berufstätigen, aus innovativen Leuten muss ich neue Technologien einsetzen, um am Markt bestehen zu können. Sonst werden meiner Meinung nach viele kleine Makler verschwinden.

Und zum Thema ein guter Einstieg: was viele Makler inzwischen anbieten ist eine kostenlose Immobilienbewertung. Das ist so der erste Schritt, um den Kunden zu locken. “Wenn du über mich eine Immobilie verkaufst, sag ich dir was sie wert ist.”

Im zweiten Schritt benötigen Makler eine innovative Immobilien Software mit einer Datenbank, in der sie genau das Profil des Kunden sehen. Denn wenn ich den Kunden betreuen will, muss ich ihn gut kennen. Weitere Ideen wären dann im Smart Home Bereich zu schauen, wie man den Kunden da noch weiter beraten kann.

Viele Angebote kann man monatlich kündigen, also ist mein Tipp einfach ausprobieren.

Über Thomas Gawlitta:Thomas Gawlitta ist ehemaliger Gründer und Geschäftsführer der PropTechs ImmobilienScout24-CommercialNetwork und SmartExpose sowie Gründer von DigitalmeetsRealEstate. Seit 23 Jahren fokussiert er sich bereits auf die Bereiche Digital, PropTech and FinTech und zählt zu den absoluten PropTech Experten Deutschlands.

Daniel Trezek

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